Von James R. Daigle, Gesellschafter
Nach dem tragischen Unfall der Costa Concordia, einem Kreuzfahrtschiff, welches vor der Küste Italiens gegen einen Felsen kollidierte, kam es, unabhängig von der Tatsache, dass sich der Unfall in Italien ereignete, erwartungsgemäß zu mehr als einer Klageerhebung in den USA.
Eine jener Klagen, welche in den USA erhoben wurde, war die beim Bundesgericht des U.S.-Bezirksgericht für den südlichen Bezirk Floridas. Jedoch wurde diese Klage in den USA abgewiesen. Aus den Vertragsbedingungen des Tickets ergab sich zum einen die örtliche Unzuständigkeit des Gerichts und zum anderen, dass das Gericht nach dem Prinzip der „forum non conveniens“ unzuständig war. Gegen die Klageabweisung wurde beim 11. Berufungsgericht Berufung eingelegt.
Die Klage wurde von amerikanischen Bürgern eingereicht, welche sich bei dem Unfall verletzt hatten sowie von 2 Verwandten, die sich jedoch aufgrund von Visaproblemen nicht an Bord des Schiffes befanden. Es wurde vom Gericht festgestellt, dass von den 3206 Passagieren an Bord, 2/3 Italiener oder andere Europäer waren und 100 von ihnen amerikanische Bürger.
Die Klage wurde gegen mehrere Unternehmen erhoben, einschließlich:
- Carnival Corporation (“Carnival”), die Dachgesellschaft aller Carnival Gesellschaften, eine Gesellschaft in Panama mit Hauptsitz in Florida;
- Costa Crociere (“Costa”), das italienische Unternehmen, welchem das italienische Schiff Costa Concordia zugehörig ist und welches seinen Hauptgeschäftssitz in Genoa, Italien hat;
- Carnival plc, die Muttergesellschaft der Costa, eine britische Gesellschaft mit Hauptgeschäftssitz in England; und
- Costa Cruise Lines, (“CCL”), die Vertriebstochtergesellschaft der Costa, eine Gesellschaft in Florida mit Hauptgeschäftssitz in Florida.
Die Kläger machten für die Zuständigkeit des Gerichts zum einen geltend, dass sie wegen ihrer amerikanischen Staatsbürgerschaft zur Klageerhebung in den USA berechtigt seien. Zum anderen, dass die Dachgesellschaft Carnival als auch die Vertriebstochtergesellschaft, bei welcher der Reiseführer die Tickets erwarb, ihren Hauptgeschäftssitz in Florida haben. Denn grds. wird ein Unternehmen in dem Staat verklagt, in welchem es gegründet wurde bzw. seinen Hauptgeschäftssitz hat.
Die besagten Tickets wurden über einen Monat vor Reiseantritt bei einem Reiseführer in Kalifornien, welcher nicht verklagt wurde, gekauft. Das Gericht stellte fest, dass die CCL 18 Reisebestätigungen an den Reiseführer versandt hatte, jeweils mit der Anleitung, die Passagiere online einzuchecken, was wiederum eine notwendige Voraussetzung vor Aushändigung des Tickets war. Das Einchecken durch den Reiseführer fand jedoch trotz mehrmaliger Erinnerung erst 4 Tage vor Reisebeginn statt.
Im Ticket wurde als örtliche Zuständigkeit Genoa, Italien festgelegt. Dies bedeutet, dass alle Ansprüche, welche von Passagieren geltend gemacht werden, in den Zuständigkeitsbereich Genoas fallen. Zudem wurde im Ticket vorgeschrieben, dass anstelle eines Gerichtsverfahrens ein Schiedsverfahren stattzufinden hat. Weiterhin gab es Bestimmungen, welche die Unternehmenshaftung beschränkten und italienisches Recht als anzuwendendes Recht erklärten.
Das Gericht stellte bei der Prüfung der Rechte von Passagieren unter Zugrundelegung des Beförderungsvertrages fest, dass die Vertragsbedingungen in fettgedruckten Großbuchstaben sichtbar abgedruckt seien und ein Handsymbol den Leser auf diese Bedingungen aufmerksam mache.
Das Gericht führte bei seiner Entscheidung einschlägige Rechtsprechung an. Diese besagte, dass die Festlegung der örtlichen Zuständigkeit als generell zulässig angesehen werde und eine Unzulässigkeit nur dann in Frage käme, wenn sich die Festlegung der örtlichen Zuständigkeit als unzumutbar herausstellen würde. Dies sei dann der Fall, wenn das Ticket die Vertragsbedingungen nicht angemessen abdruckt (z.B. schlechte Lesbarkeit, nicht sichtbar, in einer Fußnote versteckt) oder wenn dargelegt werden würde, dass der Passagier aufgrund bestimmter Umstände keine Möglichkeit hatte, von den Vertragsbedingungen Kenntnis zu nehmen, diese zu lesen und sodann zurückzuweisen.
Das Gericht entschied in diesem Fall, dass die Vertragsbedingungen angemessen abgedruckt waren. Jedoch stellte es in Frage, ob es ausreichend sei, dass die Tickets erst 4 Tage vor Reisebeginn ausgestellt wurden, wodurch den Empfängern nicht genügend Zeit blieb, die Vertragsbedingungen zu lesen und / oder zurückzuweisen.
Die Beklagten führten unter anderem an, dass die Passagiere hypothetisch von den Vertragsbedingungen gewusst hätten, da ihr Reiseführer schon zuvor hunderte von Tickets für Carnival Kreuzfahrten gebucht hätte und daher die Passagiere wüssten, dass das Ticket die Festlegung der örtlichen Zuständigkeit enthalten würde. Dieses Argument wurde vom Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass es für eine solche Annahme ein Beweisverfahren bedürfe.
Im Endeffekt wies das Gericht die Klagen mit der Begründung ab, dass die USA eine ungeeignete Zuständigkeit für die Costa Concordia-Rechtsstreitigkeit darstelle und es daher auf die Frage, ob ein Beweisverfahren notwendig ist, nicht ankäme.
Das Gericht stützte sich bei dieser Entscheidung auf das rechtliche Prinzip der „forum non conveniens“. Dieses Prinzip erlaubt es, einen Rechtsstreit in den Vereinigten Staaten zurückzuweisen, weil eine andere Zuständigkeit in diesem Fall die passendere oder bessere ist. Diese kann z.B. vom Ort des Unfalls und / oder vom Wohnsitz der Parteien und Zeugen abhängig gemacht werden. In diesem Fall war es Italien.
Das Gericht entschied, dass die richtige Zuständigkeit bei Italien liege, obwohl es sich um amerikanische Kläger handele und sich auch unter den Beklagten 2 Unternehmen aus Florida, USA befänden. Das Gericht begründete dies damit, dass es kein prozessuales Problem für die Beteiligten darstelle, ihre Klagen in Italien zu verfolgen. V.a. weil die Rechtsstreitigkeit viel mehr mit Italien in Verbindung stünde und zudem das Ticket, welches einen Vertrag darstellt, die Geltendmachung von Ansprüchen in Genoa, Italien vorsähe.
Es gibt auch andere Rechtsstreitigkeiten in den USA, bei welchen Klagen in den „Florida State Courts“ eingereicht wurden, einschließlich Klagen ausländischer Bürger. Es wird somit interessant bleiben zu sehen, ob diese Klagen aus ähnlichen Gründen abgewiesen werden.
Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass die Gültigkeit anderer Bestimmungen des Passagier-Tickets, z.B. die Durchführung eines Schiedsverfahrens und die Haftungsbeschränkung des Unternehmens, in diesem Fall nicht Gegenstand der Überprüfung wurden, da die Klage bereits an den formalen Voraussetzungen eines Prozesses gescheitert ist. Ohne Zweifel wird eine solche Überprüfung zu einem anderen Zeitpunkt stattfinden, sei es in einem Rechtsstreit in den USA oder in Italien, wobei es sehr wahrscheinlich ist, dass diese Bestimmungen inhaltlich als zulässig angesehen werden.
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